Unterm Weihnachtsbaum lag noch eine unscheinbare Grußkarte, versehen mit dem Hinweis „Kauf dir, was du brauchst“ und garniert mit einem ansehnlichen Geldschein. Was brauche ich? Mehr Schlaf, den Weltfrieden, Alufelgen? Ich hab’s: Wie wäre es mit einem alten Rennrad? Das habe ich mir schon so lange gewünscht.
Schauen wir doch gleich mal nach, was sich auf dem weltgrößten Internet-Schrottplatz so tut. Den Filter auf Rennrad und den dem Geldgeschenk entsprechenden Maximal-Betrag gesetzt und los geht’s. Na ja, nicht viel Neues unterwegs, die usual suspects eben. Halt! Was ist das denn? „Kultiges Rennrad der Marke Olympia aus den 60ern“. Sieht ja schön mitgenommen aus, wird aber wohl wieder so ein Teil aus dem alten Quelle-Katalog sein, im Auftrag zusammengeschraubt bei irgendeinem Massenkonfektionierer. Mein Bücher-Archiv liefert keine Hinweise auf die Marke, aber mit ein wenig Durchhaltevermögen werde ich schließlich im Internet unter Olympiacicli fündig.
Zweitälteste Marke Italiens nach Bianchi, erfolgreiches Rennteam in den 1940ern usw. Oho! Vor dem Hintergrund der gefundenen Informationen erstrahlt der alte Renner doch schon in einem ganz anderen (rostigen) Glanz.
Da sich niemand anderes erbarmt, darf ich mir das Teil aus dem Odenwald abholen. Es ist noch nicht ganz das lang ersehnte Erlebnis, ein altes Scheunentor öffnen zu dürfen und den heiligen Gral zu finden – ich bin aber nah dran. In einer Werkstattecke (neben einer alten Scheune) liegt das Teil und fristet ein erbärmliches Dasein. Es ist vollständig und hat eine traumhafte Patina, genau das, was ich schon so lange gesucht habe. Gemeinsam treten wir die Heimfahrt an und dann geht’s erstmal an die Bestandsaufnahme.

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